Lebensmittelvergiftungen
Steckbriefe der wichtigsten durch Lebensmittel übertragbare Krankheiten - Mikroorganismen, Parasiten, Zoonoseerreger
Viele Mikroorganismen (Bakterien, Viren) und Parasiten, die in pflanzlichen oder tierischen Lebensmitteln vorkommen, aber auch sogenannte Zoonose-Erreger (Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragbar sind), können Lebensmittelvergiftungen auslösen oder die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen.
Alle Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle bakterieller und viraler Lebensmittelvergiftungen sind in Österreich laut dem Epidemiegesetz meldepflichtig. Im Jahr 2007 wurden österreichweit über 10.000 Fälle von Lebensmittelinfektionen registriert. Bei der Betrachtung dieser Zahlen muss allerdings bedacht werden, dass die Feststellung lebensmittelbedingter Infektionen und die Unterscheidung zu anderen Krankheiten oft sehr schwer oder unmöglich ist. Außerdem können milde Formen, bei denen der Arzt nicht aufgesucht wird, über das Meldesystem nicht erfasst werden. Die Meldung muss innerhalb von 24 Stunden nach der Diagnose an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde erfolgen.
Dazu sind folgende Angaben erforderlich:
- der Name
- das Alter
- die Wohnadresse
- die Bezeichnung der Krankheit
Zur Meldung verpflichtet sind:
- der konsultierte Arzt
- der Leiter der aufgesuchten Krankenanstalt
- berufsmäßige Pflegepersonen, die einen Erkrankten betreuen
- der Wohnungsinhaber, in dessen Haushalt eine erkrankte Person gemeldet ist
Die Daten werden anonymisiert an das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend weitergeleitet. Dieses veröffentlicht die Erkrankungs- und Sterbefälle in Monats- und Jahresausweisen und erstellt den Österreichischen Infektionskrankheitenbericht (siehe unter www.bmgfj.gv.at)
Lebensmittel, bei denen der Verdacht einer bakteriellen Kontamination besteht, werden von den Instituten für Lebensmitteluntersuchung der AGES oder den Lebensmitteluntersuchungsanstalten analysiert. Die Proben können entweder von den örtlich zuständigen Behörden wie z.B. den Wiener Marktämtern oder aber auch von Privatpersonen eingereicht werden. Die erstellten Gutachten dienen als Grundlage für weitere Veranlassungen (Vernichtung des restlichen Lebensmittels, Veröffentlichung einer Lebensmittelwarnung unter www.bmgfj.gv.at oder unter www.ages.at) und für rechtliche Schritte.
Im Folgenden werden die wichtigsten Erreger kurz vorgestellt:
Campylobacter jejuni:
Campylobacter sind mit 59% aller Fälle die häufigste Ursache lebensmittelbedingter Infektionen. Erkrankungen treten vor allem in der warmen Jahreszeit vermehrt auf. Campylobacter zählen auch zu den Erregern von Reisediarrhöe. Die Keime sind empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen, können aber auf feuchten Oberflächen wie z.B. Fleisch mehrere Wochen überleben. Da die Infektionsdosis mit 500 bis 1.000 Keimen gering ist, ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch vor allem bei Kindern möglich.
Erreger | Campylobacter jejuni, aerob, gramnegativ |
Vorkommen | weltweit |
Krankheitsbild | wässrige, schleimige oder auch blutige Diarrhoe; auch Fieber und Muskelschmerzen möglich; der Krankheitsverlauf ist eher harmlos, Komplikationen stellen das Reiter-Syndrom und das Guillain-Barré-Syndrom dar; |
Inkubationszeit | zwischen 2 und 11 Tage |
Infektionsquelle | tierische Lebensmittel (z.B. nicht ausreichend gegartes Hühnerfleisch, Rohmilch, Trinkwasser); Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, können sich direkt bei infizierten Nutztieren anstecken; |
Impfschutz | nicht möglich |
Cholera:
In Österreich gab es 2007 keinen Fall von Cholera. Diese Erkrankung spielt vor allem bei Reisen ins Ausland eine Rolle und kann auf diesem Wege nach Österreich gelangen.
Erreger | Vibrio cholerae, aerob, gramnegativ |
Vorkommen | indischer Subkontinent, Südamerika, Zentralafrika |
Krankheitsbild | das Choleratoxin verursacht breiige, später dünnflüssige Diarrhoe mit starkem Wasser- und Elektrolytverlust;dadurch treten früh Allgemeinsymptome wie Blutdruckabfall, erhöhter Puls und Abnahme der Urinmenge auf, was zu Nierenversagen und Schock führen kann; |
Inkubationszeit | unterschiedlich, von wenigen Stunden bis zu 5 Tagen |
Infektionsquelle | fäkal verunreinigtes Trinkwasser, Lebensmittel, direkt über Erkrankte durch Schmierinfektion |
Impfschutz | nicht möglich |
Enteritis (Darmentzündung) durch EHEC
Ca. 0,8% aller bakteriellen Lebensmittelvergiftungen wurden im Jahr 2007 österreichweit durch EHEC ausgelöst.
Erreger | Escherichia coli, Pathovar enterohämorrhagische Escherichia coli; aerob, gramnegativ |
Vorkommen | weitverbreitet |
Krankheitsbild | wässrige, ev. blutige Diarrhöe, einhergehend mit Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfen, seltener Fieber, Enteritis; in bis zu 10% der Fälle muss intensivmedizinisch interveniert werden; auch Todesfälle kommen vor; |
Inkubationszeit | zwischen 1 und 3 Tage, max. 8 Tage |
Infektionsquelle | Kontakt zu Tieren, die EHEC ausscheiden; Verzehr von rohem oder ungenügend gegartem Rindfleisch, Rohmilch oder ungenügend erhitzter Milch und Milchprodukten, ebenso durch direkte Schmierinfektion; |
Impfschutz | nicht möglich |
Listeriose
2007 traten in Österreich 11 Erkrankungsfälle und ein Todesfall durch Listeriose auf. Eine besondere Gefahr stellt dieser Erreger für Schwangere und ihr Ungeborenes dar.
Erreger | Listeria monozytogenes, aerob, grampositiv |
Vorkommen | ubiquitär in der Umwelt; bei 1-5% aller Menschen transiente Präsenz im Stuhl |
Krankheitsbild | löst bei immunsupprimierten Personen grippeähnliche Symptome, wie Schwindel, Durchfall, Erbrechen aus; bei Infektion in der Schwangerschaft können Listerien bereits in utero auf das Kind übergehen und Abort oder Frühgeburt auslösen; |
Inkubationszeit | 3-45 Tage |
Infektionsquelle | tierische Produkte, wie Rohmilch, rohes Fleisch; durch mangelnde Hygiene im Ver- und Bearbeitungsprozess kann es zur Kontamination von Lebensmitteln kommen, u.a. bei der Käsereifung; betroffen sind Käsesorten mit einer weichen, schmierigen Rinde, wie Romadur, Brie, Roquefort u.a.m., da sich Listerien im Laufe der Reifung massiv vermehren können; |
Impfschutz | nicht möglich |
Salmonellose
Die verschiedenen Salmonellaspezies waren 2007 für 35% aller Infektionen durch Lebensmittel verantwortlich. Sie sind somit hinter Campylobacter die zweithäufigste Ursache für diese Erkrankungen. Fast alle humanpathogenen Salmonellen gehören der Spezies enterica und der Subspezies enterica an und können weiters in über 2.000 Serovare unterteilt werden. Diese Bakterien vermehren sich bei Kühlschranktemperaturen von bis zu ca. 7°C kaum, überleben aber die Lagerung im Tiefkühlschrank bei -20°C. Daher ist zur Vermeidung einer Salmonelleninfektion stets auf Sauberkeit in der Küche zu achten. Um eine Übertragung des Erregers zu vermeiden, ist es wichtig, besonders gefährdete Lebensmittelgruppen wie Geflügel, rohes Fleisch und Eier stets getrennt von anderen oder fertig zubereiteten Lebensmittel aufzubewahren und zu verarbeiten. Da Salmonellen erst bei 75°C abgetötet werden, sollten Speisen bei der Zubereitung mindestens auf diese Temperatur erhitzt und auch warmgehalten werden. (siehe Merkblatt Salmonellen des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend unter www.bmgfj.gv.at)
Erreger |
Salmonella enterica ssp. enterica, fakultativ anaerob, gramnegativ |
Vorkommen |
weitverbreitet im Tierreich, im Darm von Mensch, Nutz- und Haustieren, können sich auch auf rohem Geflügel, Geflügelteilen, Innereien von Geflügel, rohem Fleisch und Faschierten, auf Eierschalen und im Inneren von Eiern befinden; |
Krankheitsbild |
Endotoxine führen zu Beschwerden unterschiedlicher Intensität, abhängig von der Spezies; u.a. sind Diarrhoe, Dehydration, Fieber, Krämpfe im Unterleib, Erbrechen, Schwindel und Kopfschmerzen möglich
|
Inkubationszeit | ein paar Stunden bis hin zu 7 Tagen |
Infektionsquelle |
tierische (Fleisch, Eier, Milch) Lebensmittel aber auch Konditoreiwaren, Salate, Milcherzeugnisse, Speiseeis, Trinkwasser, sowie Gewürze, die durch nicht ordnungsgemäße Einhaltung der Hygienerichtlinien bei der Schlachtung, Verarbeitung, oder Zubereitung kontaminiert wurden. |
Impfschutz | nicht möglich |
Typhus/Paratyphus
Insgesamt 10 Fälle an Typhus und Paratyphus traten 2007 österreichweit auf.
Erreger |
Salmonella typhi und Salmonella paratyphi, fakultativ anaerob, gramnegativ |
Vorkommen |
weltweit; abhängig von Hygiene, Besiedlungsdichte und Lebensgewohnheiten |
Krankheitsbild |
Fieberanstieg über mehrere Tage, kann unbehandelt über Wochen anhalten, grippeähnliche Symptome, wie Kopf-, Bauch-, Gliederschmerzen, typischer Hautausschlag, Milzschwellung; zu Beginn kann Obstipation auftreten, später vorübergehende Durchfälle; |
Inkubationszeit | 7-28 Tage |
Infektionsquelle | fäkal-oral, über Trinkwasser und Lebensmittel |
Impfschutz | möglich, wird empfohlen bei Reisen in tropische Länder |
Staphylococcus aureus
Da Staphylococcus aureus einen ubiquitären Keim darstellt, kann die Infektion durch unterschiedliche Übertragungswege erfolgen. Eine Angabe zur Häufigkeit lebensmittelbedingter Infektionen ist im Melderegister für übertragbare Krankheiten nicht zu finden. Als besonderes Problem sind antibiotikaresistente Staphylococcus aureus Subspezies zu nennen, da sich dann eine Behandlung schwierig gestaltet.
Erreger | Staphylococcus areus, aerob, grampositiv |
Vorkommen |
ubiquitär; Haut und obere Atemwege vieler Menschen besiedelt, ohne Symptome hervorzurufen; |
Krankheitsbild |
Aufnahme der Toxine mit der Nahrung kann zu schweren Brechdurchfällen führen; wichtigster Erreger eitriger Hautwunden |
Inkubationszeit | wenige Stunden |
Infektionsquelle |
meist eitrige Wunden; Übertragung durch Husten oder Niesen auf Lebensmittel; |
Impfschutz | nicht möglich |
Shigellose (Ruhr)
Rund 1,4% der bakteriellen Lebensmittelinfektionen waren 2007 auf Shigellen zurückzuführen.
Erreger | Shigella dysenteriae, Shigella flexneri, Shigella boydii, Shigella sonnei; aerob, gramnegativ |
Vorkommen | weltweit verbreitet |
Krankheitsbild | akuter, schleimiger oder blutiger Durchfall, hohes Fieber, krampfartige Bauchschmerzen |
Inkubationszeit | 12 Stunden bis 7 Tage |
Infektionsquelle | fäkal-oral, durch asymptomatische Bazillenträger oder Dauerausscheider und kontaminierte Lebensmittel, auch Stuhlpartikel-Verschleppung durch Fliegen; |
Impfschutz | nicht möglich |
Yersiniose
An Yersiniose erkrankten 2007 150 Personen, das entspricht ca. 1,5% aller Lebensmittelinfektionen.
Erreger | Yersinia enterocolitica, aerob, gramnegativ |
Vorkommen | weltweit; sporadische Erkrankung in den gemäßigten Klimazonen, weniger in den Subtropen |
Krankheitsbild | akute wässrige Durchfälle, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Fieber; Abklingen der Krankheit nach wenigen Tagen bis max. 2 Wochen |
Inkubationszeit | 3-10 Tage |
Infektionsquelle | über Verzehr von kontaminierten tierischen, rohen, oder ungenügend erhitzten Lebensmittel, z.B. Schweinefleisch, Milch; direkt auch über Kontakt mit infizierten Tieren oder kontaminierten Arbeitsflächen (Schneidebretter, Küchenmesser) und Händen; Bakterien können sich auch bei niedrigen Temperaturen vermehren (im Kühlschrank); |
Impfschutz | nicht möglich |
Vergiftung durch Bacillus cereus
Erkrankungszahlen durch den Erreger Bacillus cereus werden im Melderegister für bakterielle und virale Lebensmittelinfektionen nicht geführt.
Erreger | Bacillus cereus, aerob, grampositiv |
Vorkommen | überall im Boden, im Staub, auf Pflanzen oder Tierhaaren; besonders widerstandsfähig, überleben auch die üblichen Kochtemperaturen |
Krankheitsbild | Übelkeit, Erbrechen durch die von Bacillus cereus gebildeten Toxine, oder durch das Bakterium selbst; Beschwerden klingen meist innerhalb von 24 bis 36 h von selbst ab; |
Inkubationszeit | zwischen 2 und 16 Stunden |
Infektionsquelle | in gekochten und wieder aufgewärmten Beilagen wie Reis- und Nudelgerichte |
Botulismus
2007 trat in Österreich ein Fall von Botulismus auf, der tödlich endete.
Erreger | Clostridium botulinum, anaerob, grampositiv |
Vorkommen | weltweit verbreitet; kommt im Erdboden, Wasser, Schlamm, Agrarprodukten (einschließlich Honig) und im Intestinaltrakt von Tieren (einschließlich Fischen) vor |
Krankheitsbild | Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Lähmungserscheinungen; eine zentrale Atemlähmung (meist nach ca. 8 Tagen) ist für die hohe Letalität verantwortlich; |
Inkubationszeit | 12-36 h, aber auch 2-6 Tage nach dem Genuss toxinhältiger Speisen |
Infektionsquelle | mit Clostridium botulinum kontaminierte, verdorbene Konservenprodukte und vakuumverpackte Lebensmittel |
Impfschutz | nicht möglich |
Virushepatitis
Lebensmittelbedingte Hepatitis-Erkrankungen traten 2007 bei 121 Fällen auf.
Erreger | Hepatovirus Hepatitis A-Virus und Calicivirus Hepatits E-Virus, RNA-Viren |
Vorkommen | weltweit, Süd-Nord-Gefälle (in Mitteleuropa eine Reisekrankheit); Mittelmeerraum, naher Osten, Südamerika |
Krankheitsbild | grippeähnliches Beschwerdebild, Oberbauchschmerzen, Durchfall, Fieber, Gelbfärbung der Augen und Haut (Gelbsucht) nach 1-2 Wochen |
Inkubationszeit | 15-60 Tage |
Infektionsquelle | fäkal-oral durch kontaminierte Lebensmittel wie Meeresfrüchte oder Trinkwasser |
Impschutz | gegen Hepatitis A-Virus möglich, nicht gegen Hepatitis E-Virus |
© ÖGE
Quellen:
[1] Aid Infodienst Verbraucherschutz, Ernährung. Infektionsschutz im Lebensmittelbereich. 1500/2008.
[2] AGES - Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH. Bericht über Zoonosen und ihre Erreger in Österreich im Jahr 2005. 1. Auflage, Sept. 2006.
[3] AGES - Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH. Aufgaben des Bereichs Lebensmitteluntersuchung. 2007.
Internet: http://www.ages.at/servlet/sls/Tornado/web/ages/content/DE37AEDC6EC44239C1256E1E0
033EE5F (Zugriff am 06.06.2008)
Neu: http://www.ages.at/ages/ueber-uns/oeffentliche-gesundheit/aufgaben/
[4] BIRNER A, HLAVA A, HRABCIK H, et al. Österreichischer Infektionskrankheitenbericht 2006. Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend
Internet: http://www.bmgfj.gv.at/cms/site/attachments/7/3/2/CH0742/CMS1161014971132/
oesterreichischer_infektionskrankheitenbericht_cms1201869447628_kopie_von_gbik_06.pdf(Zugriff am 03.06.2008)
[5] Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend. Jahresausweis über angezeigte übertragbare Krankheiten 2007.
Internet: http://www.bmgfj.gv.at/cms/site/attachments/4/9/6/CH0745/CMS1038921188383/
ja_2007.pdf(Zugriff am 03.06.2008)
[6] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. Ernährungsbericht 2004.
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